Silber steigt auf 14-Jahreshoch – Chancen und Risiken der Rallye

15.07.2025 04:10

Die Edelmetallpreise stiegen seit vergangenem Mittwoch sukzessive an, da einerseits Präsident Trump erneut mit Zöllen drohte und andererseits das FOMC-Protokoll eine künftig lockerere US-Geldpolitik in Aussicht stellte. Das am Mittwochabend veröffentlicht Protokoll vom Juni belegt, dass nur eine Minderheit der Mitglieder für dieses Jahr keine Zinssenkung erwartet. Der Markt preist daher eine wieder zunehmend expansive Geldpolitik ein, weshalb Edelmetalle, als nicht beliebig vermehrbare Vermögenswerte, gesucht wurden.

Dabei vollzog der Silberpreis von seinem Tief am Mittwochabend bei 36,50 US-Dollar eine Rallye auf 39 US-Dollar, dem höchsten Stand seit 2011, wobei dieser aus einer mehrwöchigen Handelsspanne nach oben ausbrechen konnte. Insbesondere die Erwartung sinkender Zinsen, die den Ausbruch einer Rezession verzögern und die industrielle Silbernachfrage positiv beeinflussen können, sowie die Hoffnung des Marktes, dass Trumps Zollandrohungen wieder nur heiße Luft sein werden, dürften die Silberrallye getragen haben.

Auch der Platinpreis kletterte um 2,8 % auf 1.400 US-Dollar, während Palladium um 6,5 % auf 1.216 US-Dollar nach oben sprang. Der Preisanstieg bei Palladium dürfte auf Spekulationen über mögliche US-Sanktionen gegen Russland gründen, doch dürften diese Sorgen unbegründet sein. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass russische Rohstoffe trotz Sanktionen über andere Kanäle weiterhin ihren Weg auf den Weltmarkt finden, was der uneingeschränkte Export des russischen Rohöls belegt.

Der folgende Chart zeigt, wie der Silberpreis in einer wochenlangen Seitwärtsphase oberhalb des ehemaligen Widerstands bei 35$ Gefahr lief, zurück unter diese wichtige Marke zu fallen. Mit dem bullischen Ausbruch aus der Handelsspanne über 37,5 US-Dollar, wurde die ehemalige Widerstandszone um die Marke von 35 US-Dollar nun überzeugend überwunden. Damit lägen die nächsten signifikanten charttechnischen Widerstände erst im Bereich von 45 bis 50 US-Dollar je Feinunze.

Der Silberpreis zieht weiter an und konnte mittlerweile auf über 39$ ansteigen

Sollte der Goldpreis erneut die Marke von 3.500 US-Dollar anvisieren, dürfte auch der Silberpreis mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter zulegen. Dies würde zusätzlichen Druck auf die vier großen Händler an der COMEX ausüben, die derzeit eine rekordhohe Netto-Shortposition im Umfang von 88 Tagen der Weltproduktion halten. In der Vergangenheit gelang es dieser Gruppe regelmäßig, an Preishochs massiv Short zu gehen und sich an den Tiefpunkten wieder einzudecken.

Bei der Goldrallye im letzten Jahr kam es jedoch erstmals anders. Der starke Anstieg zwang die großen vier Händler, sich in steigende Preise hinein mit Verlusten einzudecken. Der finale Aufschwung von 2.600 auf 3.500 US-Dollar wurde zu einem großen Teil durch diese Shorteindeckungen getrieben.

Noch stemmen sich die BIG4 im Silbermarkt gegen den Trend, wie in den vergangenen Jahrzehnten. Doch sollte die Investmentnachfrage weiter steigen und der Silberpreis sukzessive anziehen, dürfte der Druck zu groß werden. Die Händler müssten dann ihre Shortpositionen unter steigenden Preisen schließen, was eine kurzzeitige Preisexplosion auslösen könnte.

In einem solchen Umfeld dürften auch die Kurse der bislang unterbewerteten Silberminenaktien überproportional zum Silberpreis steigen.

Sollten sich die grossen vier Händler an der COMEX eindecken müssen, würde das zu einer Preisexplosion führen

Solange sich der große Bruder Gold stark zeigt und das hohe Preisniveau behauptet, dürfte auch Silber die Unterstützung bei 35 US-Dollar verteidigen können. In diesem Fall wäre eine Fortsetzung des Anstiegs möglich. Der Goldpreis hat zuletzt einen kurzfristigen Abwärtstrend überwunden, obwohl zuvor zwei mittelfristige Aufwärtstrends gebrochen wurden. Das spricht grundsätzlich für eine Fortsetzung der Silberrallye.

Am Terminmarkt für Gold zeigt sich jedoch seit einigen Wochen keine Stärke mehr. Dies deutet darauf hin, dass der Goldpreis weiterhin innerhalb einer Spanne zwischen 3.000 und 3.500 US-Dollar verharren könnte. Eine technische Korrektur in Richtung 3.000 US-Dollar ist daher nicht auszuschließen, was den Preisanstieg bei Silber konterkarieren könnte.

Trotz gebrochener Aufwärtstrends hält sich der Goldpreis bisher stark

Doch bei aller Euphorie muss man die Risiken auch klar benennen. Die spekulative Positionierung am Terminmarkt ist historisch hoch, ohne dass sich bisher ein Defizit im Markt gezeigt hätte. Diese Kombination tritt in der Regel zu Preisspitzen auf, doch so gut wie nie am Anbeginn einer Rallye. Deshalb birgt diese Rallye das Risiko eines abrupten Endes mit dem Potenzial für eine starke Preiskorrektur.

Dazu gibt es die Gefahren durch exogene Schocks, wie beispielsweise das Damoklesschwert neuer Zölle, welche die Trump-Administration jederzeit ankündigen könnte. Auch eine sich abschwächende Wirtschaftsentwicklung oder einfach eine Korrektur des Goldpreises, sind Risiken für die Rallye des Silberpreises. Die Überdehnung des Terminmarkts könnte sich sehr schnell rächen, weshalb man sich der Gefahr, dass diese Rallye womöglich auf tönernen Füssen gebaut und kurzlebig ist, bewusst sein muss.

Der Terminmarkt für Silber ist überkauft, weshalb Korrekturen stark ausfallen könnten

Eine kurzfristige Gefahr für Gold und Silber besteht im überverkauften US-Dollar, der jederzeit zu einer Erholungsrallye ansetzen könnte. Dies würde dem weiteren Preisanstieg der Edelmetalle entgegenwirken. So erfreulich die jüngste Entwicklung beim Silberpreis auch ist, es bleibt entscheidend, Stop-Loss-Orders auf Einstiegshöhe beizubehalten. Im Fall einer Korrektur kann man so mit einem kleinen Gewinn aus dem Markt genommen werden. Mit freiem Kapital auf der Seitenlinie lässt sich eine Korrektur anschließend gezielt für antizyklische Käufe nutzen.

Der US-Dollar-Index ist überverkauft und könnte jederzeit zu einer Gegenbewegung starten

Eine weiter Gefahr für den Silberpreis sind neue Zölle der Tump-Administration. Die Märkte zeigen sich selbstgefällig und rechnen damit, dass Trump wie in der Vergangenheit von seinen Zöllen abrückt. Diese Erwartung basiert auf dem sogenannten "Trump-Put" oder TACO-Trade (Trump Always Chickens Out), wonach Trump bei Turbulenzen an den Börsen zurückrudert. Anleger ignorieren daher die jüngsten Drohungen, da sie glauben, Fristen würden erneut verlängert und die Zölle blieben moderat, ohne spürbare Auswirkungen auf Inflation oder Wachstum.

Diesmal könnte die Lage jedoch anders sein. Mit der verabschiedeten "Big Beautiful Bill" hat Trump finanzielle Mittel zur Verfügung, um seine Agenda zur Reindustrialisierung umzusetzen, insbesondere in sicherheitsrelevanten Branchen. Dafür braucht er steuerliche Anreize, die nun gesetzlich verankert sind, sowie hohe Zölle zur Förderung der Binnenproduktion.

Die aktuelle Frist für Handelsabkommen endet am 1. August. Anleger gehen von einer weiteren Verlängerung aus. Doch genau diese Annahme könnte sich als trügerisch erweisen. Es ist möglich, dass Trump die Frist nicht erneut verschiebt und die Zölle wie angekündigt in Kraft treten. Dies würde die Inflation kurzfristig deutlich erhöhen und das Wachstum belasten. Ein größerer Rückschlag an den Märkten wäre die Folge, sollte der TACO-Trade scheitern, was auch zu einer starken Korrektur des Silberpreises führen würde.

-> Hier geht es zur aktuellen Technischen Analyse für Palladium ->


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