Streckfolter am Goldmarkt – die zittrigen Hände kapitulieren - Euro schwach - Analyse zu Gold

30.03.2021 19:04 von Markus Blaschzok

Streckfolter am Goldmarkt – EU-BIP und Euro schwach  

Der beste Zeitpunkt, um am Goldmarkt mittelfristige Gewinne einzustreichen, ist in der Regel dann gekommen, wenn die Masse der Investoren euphorisch ist. Solche irrationalen Überschwänge boten uns in der letzten Dekade immer wieder sehr schöne Gelegenheiten, um nach einem technischen Verkaufssignal auf einen wieder fallenden Preis zu setzen. Diametral gegensätzlich wurden in der Skepsis und Angst immer die Tiefs ausgebildet. Fällt der Preis über drei bis sechs Monate, so mutieren die Bullen, die sich zum Hoch noch sicher waren, der Preis würde weiter ansteigen, plötzlich zu Bären und erwarten weitere Preisrückgänge.

Diesen bekannten Zyklus zwischen Angst und Gier gibt es an allen Märkten. Während jedoch zwischen Hausse und Baisse am Aktienmarkt oftmals viele Jahre liegen, kommt es am Rohstoffmarkt alle paar Monate zu einem Wechsel zwischen Angst und Gier. Diese Phasen lassen sich mit Stimmungsindikatoren, wie beispielswiese dem COT-Report der US-Terminmarktaufsicht CFTC, analysieren und so Hoch- und Tiefpunkte in Kombination mit weiteren Analysemethoden gut identifizieren.

Am Gold- sowie am Silber- und Minenmarkt gibt es zudem die bekannte „Streckfolter“, die eine trendlose Phase mit niedriger Volatilität kennzeichnet und in der Regel nach Preisrückgängen einsetzt. Investoren und Spekulanten verlieren in dieser Phase das Interesse am „langweiligen“ Goldmarkt, wobei der Preis in der Regel noch einmal unter technische Unterstützungen fällt. Daraufhin verkaufen die letzten Bullen entnervt ihre Positionen und Fondsmanager stoßen ihre ETF-Positionen ab, um in renditeträchtigere Anlageklassen zu investieren. Viele, die zum Ende des vorherigen Anstiegs gekauft hatten, verkaufen nun ihre Positionen oftmals mit Verlust und kaufen erst dann wieder, wenn wieder neue Hochs erreicht werden. Genau dann, wenn die schwachen Hände verkaufen, sammelt das Smart-Money mit offenen Händen all das Gold ein, das nun zum Verkauf steht, worauf die Trendwende folgt und der Preis wieder zu steigen beginnt. 

Nachdem der Goldpreis seit seinem Hoch bereits um über 350 US-Dollar fiel, dürfte der Großteil des Korrekturpotenzials abgearbeitet sein und sich dieser Markt aktuell am Übergang zur Streckfolter befinden. Verschiedene exogene Faktoren sprechen dafür, dass der Goldpreis noch einige Zeit trendlos vor sich hindümpeln könnte. Der Anstieg der langfristigen Zinsen ist beispielsweise ein kurzfristiger Belastungsfaktor für den Goldpreis. Trotz der dovishen Verbalintervention der FED, sowie der Ankündigung der EZB das PEPP-Programm ausweiten und weitere Anleihen aufkaufen zu wollen, steigen die Renditen aktuell weiter an.

Archegos Capital reißt Bankenaktien in die Tiefe

Die Warnungen vor einem erneuten Einbruch des Aktienmarktes werden immer lauter. Ein gemächlich fallender Aktienmarkt ist in der Regel gut für den Goldpreis, doch wenn Investoren in Panik geraten, neigen sie dazu alles zu verkaufen, einschließlich ihrer Goldbestände, was dann den Goldpreis noch einmal unter Druck bringen kann.

Am Freitag wurde das 10 Mrd. US-Dollar schwere Family-Office Archegos Capital liquidiert, was zu massiven Verlusten bei einigen Tech-Aktien geführt hatte, nachdem alle Vermögenswerte in Höhe von 20 Mrd. US-Dollar unlimitiert auf den Markt gekippt wurden. Der Hedgefonds war unreguliert über CFDs mit Milliardenbeträgen und einem teilweisen achtfachten Hebel long in Tech-Aktien, was ihm nach deren Kursrückgang zum Verhängnis wurde. Einige Banken erlitten dabei Milliardenverluste, wie die japanische Nomura, deren Aktienkurs um über 16% einbrach sowie die Schweizer Credit Suisse, mit einem Minus von 14%. 

Es ist ungewöhnlich, dass ein Hedge-Fonds oder ein Famliy-Office milliardenschwere Trades über CFDs abbildet. Noch ungewöhnlicher ist es, dass die Großbanken, die die Gegenposition eingenommen hatten, ihr Risiko scheinbar völlig falsch eingeschätzt hatten und nicht vollends abgesichert waren. Nachdem Archegos Capital seinen Nachschusspflichten nicht nachkommen konnte, begannen die Banken mit Verlust die Positionen am Freitag zu schließen, worauf die Notierungen der betroffenen Aktien ins Bodenlose fielen.

Ein klein wenig erinnert das Ereignis an die Pleite von Lehman Brothers und den Kollaps des Immobilienmarktes, weshalb es nicht verwundert, dass der komplette Bankensektor unter Druck geriet. Archegos Capital hätte ein schwarzer Schwan sein und eine Korrektur des stark gestiegenen Aktienmarktes einleiten können, der womöglich auch den Goldpreis noch einmal unter Druck gebracht hätte. In dem Fiat-Money Finanzmarktcasino sind solche Schieflagen jederzeit möglich und irrationale Einbrüche von Aktien jederzeit möglich, weshalb man größten Wert auf das Risikomanagement legen sollte.

Europäische Wirtschaft schwach – Euro fällt – Dollar steigt

Die neuerlichen Lockdowns in Europa und die Androhung noch härterer Maßnahmen haben extrem negative Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. Entgegen der Europäischen Union hatte ein großer Teil der US-Bundesstaaten nie einen Lockdown verhängt und einige Staaten keinerlei Zwangsmaßnahmen angeordnet. Vor zwei Wochen hatte Texas alle COVID-Einschränkungen beendet, inklusive der Maskenpflicht und wieder zu 100% geöffnet, ebenso wie in 12 weiteren US-Bundesstaaten. Auch das Vereinigte Königreich befindet sich langsam auf dem Weg der Öffnung, wobei man ab Mai nur unter Einschränkungen die Maßnahmen beenden und ab 21. Juni alle Kontaktbeschränkungen aufheben und alle Geschäfte öffnen will.

In der Europäischen Union werden hingegen die Maßnahmen verschärft. Obwohl es in Deutschland in 2020 adjustiert an die Altersgruppen keine Übersterblichkeit zu den Vorjahren gab, die Intensivbettenbelegung keine Erhöhung zum letzten Sommer zeigt und die Bettenauslastung der Krankenhäuser im gleichen Jahr 13% niedriger war als im Vorjahr, denken die Regierungen Deutschlands und Frankreichs über Verlängerungen sowie einen weiteren harten Lockdown nach. Viele Analysten hatten daher ihre Wachstumsprognose für die europäische Wirtschaft zuletzt reduziert auf nur noch 3% für dieses und 4,5% für das kommende Jahr. Doch diese Zahlen sind noch viel zu optimistisch, da das BIP mit dem offiziellen, viel zu niedrig ausgewiesenen BIP-Deflator berechnet wird. Berücksichtigt man die reale Inflation der Geldmenge, so sind das nur Wachstumsillusionen und die europäische Wirtschaft befindet sich weiterhin in der Rezession.

Nicht nur wegen der katastrophalen Lockdown-Politik, sondern auch wegen der überbordenden Bürokratie und den extrem hohen Steuern in den europäischen Nationen wird Europa dem Rest der Welt hinterherhinken, sich die Zinsdifferenz ausweiten und der Euro weiter zum US-Dollar fallen. Im letzten Monat brach der Euro bereits von 1,225 USD auf fast 1,17 USD ein. Auch wenn eine kurze technische Zwischenerholung nun möglich zu sein scheint, so dürfte es im Jahresverlauf für die europäische Gemeinschaftswährung weiter bergab gehen.

Einerseits belasten die Androhungen weiterer Lockdowns in Europa die Aktienmärkte, doch anderseits sprechen die Öffnungen großer Teile der Weltwirtschaft, sowie die lockere Geldpolitik, gegen einen Einbruch des Aktienmarktes. Eine Wirtschaftserholung dürfte angesichts der massiven schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme den Anstieg der Konsumentenpreise anheizen, worauf die Marktzinsen reagieren dürften.

Während wir beim Goldpreis nicht mehr viel Rückschlagpotenzial unter das Tief von Anfang März sehen, ist das Sentiment für Silber und Platin noch etwas zu bullisch, sodass es hier im Verlauf einer Streckfolter noch einmal zu einem kurzfristigen Rücksetzern kommen könnte. Das zweite Quartal dürfte daher ruhig bleiben am Goldmarkt, wogegen es spätestens in der zweiten Jahreshälfte zur Trendwende und zum neuerlichen Preisanstieg Richtung der Allzeithoch kommen dürfte. Zum Jahresende erwarten wir, dass der Goldpreis wieder über dem aktuellen Preisniveau notiert und seine Hausse fortsetzen wird.

Technische Analyse zu Gold: Abwärtstrends noch immer intakt doch naht das Ende der Korrektur

Terminmarkt: Bereits gute Bereinigung am Terminmarkt

Der Preis fiel zum Stichtag des neuesten COT-Reports zur Vorwoche um 5$, während die Spekulanten 7,6 Tsd. Kontrakte netto aufbauten. Die leichte relative Stärke erklärt sich durch eine gestiegene Investmentnachfrage nach dem Preisrückgang. Die Position der Big4/8 reduzierte sich zur Vorwoche, was die leichte Stärke wieder infrage stellt. Die Daten sind zum Open Interest auch endlich so gut wie zuletzt Anfang 2019. 

Man darf in einem Bullenmarkt, insbesondere in einem stagflationären Umfeld, keine völlige Bereinigung der Spekulation am Terminmarkt erwarten. Dennoch ist diese im aktuellen Krisenumfeld schon gut fortgeschritten! Dennoch gibt es kurzfristig belastende Faktoren aufgrund steigender Zinsen und Investoren, die das nicht als Inflationssignal wahrnehmen. Es könnten daher noch weitere Spekulanten aus dem Markt geschüttelt werden in den kommenden Tagen und Wochen.

Auf diesem Niveau sehen wird erstmals seit August des letzten Jahres die Möglichkeit für einen Boden und eine Trendumkehr und sind leicht optimistisch. Mittel bis langfristig agierende Investoren können antizyklische Käufe tätigen. Trader auf kurzfristige Sicht (4-12 Wochen) müssen noch etwas vorsichtig sein, denn die Bereinigung könnte sich noch etwas fortsetzen - wenn auch im besten Fall über die Zeitachse seitwärts. Ein Rückfall auf 1.650$ scheint das schlimmste Szenario zu sein, das wir für möglich halten. Noch sind die Abwärtstrends intakt und die technischen Signale sind hierbei für den Trading-Kaufzeitpunkt entscheidend.

Mit dem Einbruch am Goldmarkt unter 1.800$ gab es eine deutliche Bereinigung am Terminmarkt
Die großen vier Händler hatten den Preisrückgang genutzt, um ihre Positionen zu schließen

Unser über vier Monate hinweg andauernder Short-Trade, den wir bei 2.050 US-Dollar mit dem Ziel bei 1.800 US-Dollar eröffnet hatten, fand Ende November sein Ende und wir nahmen die Gewinne aus diesem Trade mit. Kurz-, mittel- und langfristig agierende Investoren bekamen ein antizyklisches Kaufsignal auf diesem Preisniveau, wobei ich kurzfristig agierende Trader mahnte, dass es in den nächsten Wochen und Monaten noch tiefere Preise wahrscheinlich sind.

Kurzfristige Trader waren den Dezember über Long und konnten bis zu 150$ je Unze mit einem steigenden Goldpreis reinholen, bevor sie mit einem Bruch des Aufwärtstrends spätestens ausgestoppt wurden. Den Januar und Februar über baute sich zunehmen Schwäche auf und die Unterstützung bei 1.800 US-Dollar wurde mehrmals getestet. Wir hatten bei 1.800 USD den nächsten Short-Trade vorbereitet mit unseren Abonnenten. Letztlich warfen die Bullen das Handtuch und der Preis brach im Zuge einer Bereinigung am Terminmarkt ein.

Der Abverkauf fand bei 1.675 US-Dollar sein Ende und es kam zum Bruch des kurzfristigen Abwärtstrends. Da unser Preisziel erreicht wurde, nahmen wir mit dem Trendbruch Gewinne mit und kauften mit unseren Kunden mit dem Ziel des Abwärtstrends. Erst mit der dovishen US-Notenbanksitzung gelang es dem Goldpreis den Abwärtstrend zu erreichen, was ein Zeichen von Schwäche war. Dort angekommen, gingen wir wieder short und setzten auf einen fallenden Preis. Dieses Verkaufssignal bleibt solange intakt, wie der Abwärtstrend intakt bleibt. Sobald der Abwärtstrend bricht, negiert sich das Verkaufssignal.

Im Tageschart sehen wir, dass bei ca. 1.650 US-Dollar bis 1.680 US-Dollar eine starke Unterstützung liegt. Mit einem Bruch des kurzfristigen Abwärtstrends und Preisen über 1.750 US-Dollar würde ein mittelfristiges prozyklisches Kaufsignal erzeugt. Angesichts der Terminmarktdaten, dem Umfeld und der Situation bei Gold und Silber, muss man davon ausgehen, dass die Regierungen einen letzten finalen Abverkauf orchestrieren könnten, der den Goldpreis noch einmal unter 1.660$ drückt und so weitere Spekulanten aus dem Markt schüttelt. 

Ein erneuter Test des letzten Tiefs wäre möglich

Der Goldpreis in Euro ist weiterhin unser wichtigster Chart. Der Abwärtstrend ist weiterhin intakt und beide Aufwärtstrends wurden gebrochen, was uns bereits zu Jahresanfang ein starkes Warnsignal lieferte, dass die Unterstützung bei 1.500 Euro brechen dürfte. 

Die Zielmarke an der Unterstützung bei 1.430 Euro wurde erreicht und der Goldpreis erholte sich etwas, doch brach mittlerweile der kurzfristige Aufwärtstrend. Der mittelfristige Abwärtstrend ist jedoch noch ein Stück entfernt. Selbst dann, wenn der Goldpreis in US-Dollar seinen Abwärtstrend überwinden sollte, so wäre das mittel- bis langfristige Kaufsignal erst dann perfekt, wenn auch der Goldpreis in Euro seinen Abwärtstrend überwinden und das Kaufsignal bestätigen kann.

Auch der Abwärtstrend bei Gold in Euro ist immer noch intakt

Im Kurzfristchart von Gold in Euro ist die Situation noch einmal deutlicher zu sehen. Nachdem der Goldpreis 10 Wochen trendlos seitwärts auf der Unterstützung bei 1.500 Euro tänzelte und dabei zwei Aufwärtstrends brachen, fiel er letztlich unter diese Marke, worauf ein Long Drop am Terminmarkt folgte. Der Fall unter die Unterstützung brachte ein Verkaufssignal, das bis Anfang März intakt war. Auch hier gab es nach dem Erreichen des Zielbereichs mit einem Bruch des Abwärtstrends ein kurzfristiges Kaufsignal.

Anders als beim Goldpreis in US-Dollar, wo der Preis bereits entlang des Abwärtstrends wieder fällt, stieg der Goldpreis in Euro aufgrund des Einbruchs des Euros zum US-Dollar bis letzte Woche noch an. Der grün eingezeichnete kurzfristige Aufwärtstrend brach letztlich heute. 

Der Goldpreis in Euro erhält erst ein charttechnisches Kaufsignal, wenn der mittelfristige Abwärtstrend bricht. Den Großteil der Korrektur hat der Goldpreis hinter sich. Im schlimmsten Szenario sehen wir noch einen letzten Abverkauf unter die letzten Verlaufstief und darauffolgend eine trendlose Phase bis in die zweite Jahreshälfte hinein. Danach dürfte es neue mittelfristige Trendbrüche und Kaufsignale geben mit einem erneuten Preisanstieg gegen Ende des Jahres.

Der grüne kurzfristige Aufwärtstrend wurde heute bereits wieder gebrochen

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