Gold: Rallye am Allzeithoch oder Korrektur voraus?
Seit Wochenbeginn legten Gold, Anleihen und Rohöl zu, während die Aktienmärkte Verluste verbuchten. Die Unsicherheit über Handelsbeziehungen, enttäuschende Unternehmenszahlen und ein abwartendes Verhalten vor dem anstehenden FOMC-Zinsentscheid am Mittwochabend bestimmten das Geschehen. Laut der US-Zentralbank hat sich der wirtschaftliche Ausblick zuletzt deutlich eingetrübt, verglichen mit den Erwartungen zum Ende des letzten Jahres. Daher erwartet der Markt, dass das Federal Open Market Committee (FOMC) den Leitzins heute zum dritten Mal in Folge unverändert bei 4,25 % bis 4,50 % belässt. Das US-Handelsbilanzdefizit für März erreichte ein Rekordniveau, verursacht durch stark gestiegene Importe im Vorgriff auf mögliche neue Zölle. Der „Dot Plot wird bei der heutigen Sitzung nicht veröffentlicht werden, weshalb das Augenmerk auf die Pressekonferenz von Fed-Chef Jerome Powell liegt. Powell sah sich zuletzt verstärktem Druck von Präsident Trump ausgesetzt, der ihn etwa als „Mr. Zu Spät“ bezeichnete.
Nachdem in der letzten Woche die Chinesen starke Verkäufer am Goldmarkt waren, treten sie in dieser Woche nach einem verlängerten Feiertagswochenende wieder als Käufer auf und schon geht es mit dem Goldpreis wieder nach oben auf mittlerweile 3.400$ je Feinunze. Das tägliche Handelsvolumen an der Shanghai Gold Exchange war im März mit 40,9 Milliarden US-Dollar fast halb so hoch wie das Handelsvolumen an der COMEX mit 90,4 Milliarden US-Dollar. Im OTC-Handel dominiert jedoch noch immer die LBMA mit 138 Mrd. US-Dollar täglichem Handelsvolumen, während es an der Shanghai Gold Exchange geringe 10,8 Mrd. US-Dollar sind.
Charttechnisch wurde der Test der Unterstützung bei 3.200 $ sofort wieder gekauft, was das extrem bullische Sentiment vor Augen führt. Angesichts der historischen Rallye und des stabil hohen Preises überrascht es, dass sich der Terminmarkt an der Comex bereits zu 40 % von seinem überkauften Niveau bereinigen konnte, was grundsätzlich ein sehr bullisches Indiz ist. Noch ist die Kuh jedoch nicht vom Eis und weitere Interventionen sind aktuell jederzeit möglich, wobei ein Rücksetzer auf 3.150 $ bis an den Aufwärtstrend durchaus denkbar erscheint. Seit dem erneuten Preisanstieg über 3.260 $ ist Gold zwar wieder prozyklisch Long, doch bleibt abzuwarten, ob es eine weitere Intervention am Markt geben und sich somit ein tieferes Hoch ausbilden wird.
Während der Goldmarkt derzeit hoher Volatilität ausgesetzt ist und somit ein ideales Spielfeld für Spekulanten darstellt, hält sich der Silberpreis stoisch in einer engen Handelsspanne von lediglich 1,5 $. Üblicherweise weist der Silberpreis eine höhere Volatilität als Gold auf, weshalb sich Spekulanten am Silbermarkt aktuell wohl langweilen dürften. Im Gegensatz zum Goldmarkt bleibt der Terminmarkt für Silber stark überkauft. Die vier größten Händler an der Comex wurden bislang nicht dazu gezwungen, ihre Short-Positionen einzudecken, und halten weiterhin an ihrer historisch umfangreichen Shortposition von umgerechnet 72 Tagen der globalen Silberproduktion fest.
Sollte der Silberpreis in diesem Jahr jedoch über die Marke von 35 $ je Feinunze nach oben ausbrechen, könnten die sogenannten „BIG 4“ an der Comex gezwungen sein, ihre Shortpositionen bei steigenden Preisen glattzustellen. Dies könnte eine Aufwärtsbewegung des Silberpreises deutlich beschleunigen. Allerdings befinden wir uns momentan noch nicht in dieser Lage. Sollte der Goldmarkt korrigieren oder eine Rezession die Märkte belasten, ergibt sich aktuell ein erhebliches Korrekturpotenzial für Silber.
Starke ETF-Zuflüsse in Q1: Investoren entdecken Goldmarkt nach langem Zögern
Die aktuellen Zahlen des World Gold Council zeigen, dass die weltweite Goldnachfrage im ersten Quartal ein Rekordniveau erreicht hat. Der durchschnittliche Quartalspreis stieg dadurch auf 2.860 $ je Feinunze, was einem Plus von 38 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Haupttreiber dieser Entwicklung war ein sprunghafter Anstieg der ETF-Zuflüsse von 19 Tonnen im Vorquartal auf 226 Tonnen.
Vor dem Hintergrund von US-Zöllen, dem anhaltenden Handelskonflikt, geopolitischen Spannungen, fallenden Aktienmärkten und einem schwächelnden US-Dollar begannen schließlich auch breite Anlegerkreise, spät auf den Goldzug aufzuspringen, der bereits seit über einem Jahr mit hohem Tempo unterwegs war. Normalerweise sind es gerade die Investoren, die den Goldpreis antreiben. Dieses Mal jedoch setzte die Investorennachfrage erst nach einer bereits einjährigen Preisrallye ein, ein in der Geschichte der Gold-ETFs bisher einmaliger Vorgang. Der Großteil der Anleger hat den Anstieg des Goldpreises somit verpasst. Weltweit ist derzeit nur etwa 1 % des verwalteten Vermögens im Goldsektor investiert. Viele stellen sich nun die Frage, ob sie zu spät dran sind und wie viel Gold in einem Depot aktuell noch sinnvoll ist.
Insbesondere Goldminenaktien werden momentan noch weitgehend gemieden. Einerseits, weil Anleger mit einer bevorstehenden, scharfen Korrektur des Goldpreises rechnen, andererseits, weil sie auch am Aktienmarkt weiteres Rückschlagpotenzial sehen. Dabei könnte ein Wiederanstieg der ETF-Bestände auf das Niveau von 2020 dem Goldpreis einen erheblichen zusätzlichen Auftrieb verleihen.
Die Nachfrage nach Barren und Münzen blieb mit 325 Tonnen auf hohem Niveau und lag damit 15 % über dem Fünfjahresdurchschnitt. Ein Großteil dieses Anstiegs geht jedoch auf das Konto Chinas, das sein zweithöchstes Quartal an Einzelhandelsinvestitionen verzeichnete.
Die Zentralbanken, die im letzten Jahr historisch hohe Käufe tätigten, kauften im ersten Quartal nur 244 Tonnen Gold. Dies war eine deutliche Verlangsamung gegenüber dem Vorquartal von 365 Tonnen, lag jedoch innerhalb der vierteljährlichen Schwankungsbreite der letzten drei Jahre.
Die Nachfrage nach Goldschmuck ging im Umfeld der Rekordpreise hingegen stark zurück auf nur 380 Tonnen und somit das niedrigste Niveau seit COVID im Jahr 2020. Im Vorquartal wurden noch 547 Tonnen nachgefragt. Auch die Rezessionssorgen dürften die Nachfrage nach Goldschmuck aktuell dämpfen.
Während die Goldnachfrage auf Rekordhöhen verharrte, sank das Gesamtangebot im ersten Quartal im Jahresvergleich um 1 % auf 1.206 Tonnen und um 7 % zum Vorquartal. Die Minenproduktion erreichte im 1. Quartal im Jahresvergleich einen Rekordwert von 856 Tonnen, doch war sie rund 11 % oder 102 Tonnen niedriger als im Vorquartal. Trotz des historisch hohen Goldpreises ging das Recycling im Jahresvergleich um 1 % zurück auf 345 Tonnen und zum Vorquartal sank es um 4 %, da die Verbraucher ihr Gold scheinbar in der Hoffnung auf höhere Preise behielten.
Ausblick
Gold-Investitionen dürften in den kommenden Jahren aufgrund der langfristigen Stagflationsrisiken mit einhergehend schwachen Aktien- und Anleihenmärkten, einer erwarteten Beschleunigung der US-Defizite und somit einer weiteren Abwertung des US-Dollars, neuer QE-Programme, sowie anhaltender geopolitischer Spannungen weiter an Fahrt gewinnen.
Die Schmucknachfrage dürfte weiterhin schwach sein, wogegen Käufe von Barren und Münzen stark bleiben und zunehmen dürften, insbesondere wenn geopolitische Risiken im Rahmen der Stagflation zunehmen. Die Zentralbankkäufe dürften sich auf dem Niveau der letzten drei Jahre fortsetzen.
Natürlich birgt dieser perfekte Sturm für Gold sowohl Risiken als auch Chancen. In den nächsten Jahren der Stagflation dürften es auch Phasen der weltwirtschaftlichen und politischen Erleichterung geben, was immer wieder Gewinnmitnahmen mit sich bringen wird. Der übergeordnet bullische Trend bis zum Ende der Dekade dürfte dadurch nicht berührt werden.
Technische Analyse zu Palladium: Terminmarkt bereinigt sich und Palladium zeigte sich zuletzt relativ stark
Terminmarkt: COT-Report
Der COT-Report wird immer freitags seitens der US-Terminmarktaufsicht (CFTC) veröffentlicht, wobei der Stichtag der Datenerhebung der Schlusskurs vom Dienstag ist. Die COT-Daten werden also immer mit einer Verzögerung von drei Tagen veröffentlicht. Premium Abonnenten von Blaschzok Research erhalten vor Handelsschluss am Freitag ein Blitzupdate mit Analysen zu Gold, Silber und Platin. Die COT-Daten ermöglichen einen Blick in die Zukunft, da sie einerseits ein Sentiment-Indikator sind und andererseits eine gute Einschätzung des Angebots und der Nachfrage am physischen Markt ermöglichen. Mit ihnen hat man einen Vorteil im Trading am Rohstoffmarkt.
COT-Daten für Palladium vom 2. Mai
Der Palladium-Preis stieg zur Vorwoche um 10 $ auf 936 $ je Feinunze, während die Spekulanten in der gleichen Zeit mit 88 Kontrakten Short gingen. Die Positionierung am Terminmarkt blieb damit praktisch unverändert, während der Preis leicht anzog. Das ist insgesamt völlig unauffällig und neutral zur Vorwoche.
Der COT-Index hat sich immerhin um einen halben Punkt auf 73 Punkte verbessert, zum Open Interest adjustiert auf 74 Punkte. Damit ist der Terminmarkt auf dem aktuellen Preisniveau schon recht gut bereinigt, was die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Long Drop und einen schnellen Preiseinbruch stark reduziert.
Allerdings zeigen die Daten auf Jahressicht noch eine gewisse Schwäche. Sollte sich das wirtschaftliche Umfeld weiter eintrüben und die Rezessionssorgen zunehmen, könnte der Palladiumpreis durchaus weiter deutlich unter Druck geraten. Kommt es zu einer internationalen Wirtschaftskrise, wäre nach unten viel Luft. Aber immerhin war der letzte COT-Report für Palladium insgesamt neutral und zeigte keine Schwäche.
Fundamentales Angebot bleibt stabil
In den letzten vier Wochen gab es keine signifikanten neuen fundamentalen Entwicklungen am Palladiummarkt. Für das Jahr 2025 dürfte die Nachfrage im Automobilsektor aufgrund der Stagflation geringer ausfallen. Der Automobilsektor bleibt entscheidend für die Palladiumnachfrage, allerdings nimmt der Preisdruck durch die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen in Asien, die kein Palladium benötigen, weiter zu.
Mehr als 80 % der Palladiumnachfrage entfallen auf den Automobilsektor, wo es für Katalysatoren zur Reduktion von Kohlenstoffemissionen verwendet wird. Hoffnung für den Palladiumpreis bietet die verlangsamte Marktakzeptanz von Elektrofahrzeugen, bedingt durch Marktsättigung und Bedenken hinsichtlich der Ladeinfrastruktur. Dennoch dürfte der weltweite Marktanteil von Elektrofahrzeugen auch im Jahr 2025 weiter steigen.
Die Palladiumproduktion aus Russland und Südafrika, den beiden größten Produzenten, bleibt stabil. Ein leichter Rückgang der Minenproduktion wird voraussichtlich durch ein erhöhtes Recycling kompensiert werden. Für die nächsten drei Jahre wird ein zunehmender Überschuss prognostiziert, was auf die Kombination aus erhöhtem Recycling und stabiler Minenproduktion zurückzuführen ist.
Technische Analyse
Der Palladiumpreis fiel Anfang April auf 860$ und konnte sich seither wieder auf 971$ erholen. Damit handelt der Preis noch immer auf der Unterseite seiner breiten Handelsspanne zwischen 850$ auf der Unterseite und 1.200$ auf der Oberseite. Eine globale Rezession würde dem Palladiumpreis, der ohnehin unter einem wachsenden Angebot aus dem Recycling von Katalysatoren leidet, zusätzlich belasten. Nun droht mit einer Rezession jedoch ein Verlassen dieser Handelsspanne und somit ein Ende der einjährigen Konsolidierung.
Der Palladiummarkt zeigte sich in den letzten Monaten relativ robust, wobei sich der Terminmarkt größtenteils von der ursprünglich hohen Long-Position bereinigt hat. Dass das Sentiment jetzt bärisch ist, muss angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds jedoch nicht bedeuten, dass der Palladiumpreis jetzt wieder steigen wird. Im besten Fall wird der Palladiumpreis in dieser Handelsspanne noch das ganze Jahr über verharren.
Es gibt daher wenig Potenzial für einen Long-Drop am Terminmarkt, sobald die Unterstützung bei 850 $ bricht. Verstärken sich jedoch die rezessiven Tendenzen, dann könnte der Palladiumpreis noch in diesem Jahr auf 570$ je Feinunze fallen. Preisspitzen an die Oberseite der Handelsspanne stellen weiterhin Short-Chancen dar. Käufe verbieten sich in diesem Umfeld, während Short-Trades nach Preisanstiegen die viel bessere Chance auf Erfolg haben. Solange die Handelsspanne intakt bleibt, können gute Ein- und Ausstiege anhand des Sentiments (COT-Daten) womöglich gut bestimmt werden.
Langfristige Analyse
Der rückläufige Bedarf infolge des Übergangs zur Elektromobilität sowie das zunehmende Angebot durch die Ausweitung des Sekundärmarkts aus recycelten Katalysatoren dürften in den kommenden vier Jahren zu einem deutlichen Überschuss führen. Dies dürfte den Verkaufsdruck auf dem Palladiummarkt weiter erhöhen.
Zusätzlich stellt eine globale wirtschaftliche Abschwächung ein weiteres Risiko für den Palladiumpreis dar. Im Falle einer Rezession wäre ein kurzfristiger und markanter Rückgang unter die Unterstützungszone bei 850$ sehr wahrscheinlich. Die nächste technische Unterstützung befindet sich erst bei 570$. Auf diesem Niveau sehe ich aktuell eine attraktive Chance für einen kurz- bis mittelfristigen Einstieg in Palladium, wobei wir die Lage dort dann neu analysieren müssen.
Langfristig bleibt die Marktentwicklung jedoch unklar, da das wachsende Angebot aus dem Recyclingbereich voraussichtlich anhaltenden Einfluss auf den Markt haben wird. Parallel dazu dürfte sich das bereits historisch niedrige Palladium-Gold-Ratio von derzeit 0,33 in den kommenden Jahren weiter verringern – womöglich wird das Ratio auf ein neues Allzeittief fallen.