Geht der Goldrallye bei 2.000$ die Luft aus?

24.10.2023 22:04 von Markus Blaschzok

Die Flucht in den sicheren Hafen des Goldes setzte sich auch in der letzten Woche fort. Als Reaktion auf den Krieg im Nahen Osten stieg der Goldpreis binnen zwei Wochen um mehr als 180$ (+10%) an. Erst an der psychologisch wichtigen Marke von 2.000$ konnten die Bären die Rallye mit einem Hoch bei 1.997$ vorerst ausbremsen. Dieser Preisanstieg ist anders geartet als die üblichen zyklischen Anstiege am Goldmarkt, da die anderen Edelmetalle wie Silber, Platin und Palladium dem Goldpreis kaum oder überhaupt nicht folgten, was untypisch ist. Selbst am US-Terminmarkt konnte man Stärke beobachten, was auf starke Käufe am physischen Goldmarkt hindeutet. Die Angst vor einer Ausweitung des Konflikts hat scheinbar zu einer Flucht von großem Geld in den sicheren Hafen des Goldes gesorgt. In vielen Währungen hat der Goldpreis mittlerweile neue Allzeithochs erreicht oder ist kurz davor diese zu übertreffen, wie folgende Charts zeigen.

In vielen Fiat-Währungen erreichte der Goldpreis neue Allzeithochs und beweist seine Funktion als sicheren Hafen

Interessant ist, dass der Rohölmarkt keine Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten eskomptiert. Der Preis für die Sorte WTI stieg seit dem Kriegsbeginn nur kurzzeitig um 8,5% auf 91$ an und die Sorte BRENT auf 93,9$ (+10,1%), doch fiel WTI mittlerweile wieder auf das Vorniveau unter 85$ zurück, während BRENT noch ein kleines Plus von 3$ aufweist. Zuletzt hatte Israel seine Bodeninvasion im Gazastreifen zurückgehalten, inmitten diplomatischer Bemühungen um die Freilassung weiterer Geiseln, was auf eine gewisse Entspannung der Lage hindeutet. Würden die Märkte eine Ausweitung des Konflikts auf die gesamte Region befürchten, so wäre ein deutlich stärkerer Preisanstieg am Rohölmarkt zu beobachten.

Die Zinsen stiegen unterdessen weiter an und die 10-jährigen US-Staatsanleihen stiegen am Montag kurzzeitig erstmals seit 2007 auf über 5%. Dies ist und bleibt ein Faktor, der den Goldpreis tendenziell kurzfristig weiter belasten dürfte nebst der Stärke des US-Dollars. Das QT-Programm einerseits, das die Geldmenge schrumpfen lässt, und eine starke US-Neuverschuldung andererseits gleichen sich etwas aus, doch ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die US-Notenbank auf eine neue Rezession mit neuen geldpolitischen Lockerungen reagieren wird. Spätestens dann, wenn Fiskal- und die Geldpolitik wieder mit Geld um sich werfen, werden die Fiat-Währungen erneut abwerten und der Goldpreis seine bisherigen Allzeithochs weit hinter sich lassen.

Bis dahin kann es jedoch ein holpriger Ritt werden, denn ein deflationärer Schock inmitten einer Kreditkrise und einer folgenden Rezession sind bis zu einem Eingreifen der Geldpolitik noch auf dem Tisch.

Die Zinsen steigen, der Dollar ist stark, während der Euro absäuft
Auf jeden starken Zinsanstieg in der Geschichte, folgte eine Rezession. Dies wird auch diesmal so sein

Europäische Gemeinschaftswährung im Abwärtsstrudel

Der Euro fiel zum Schweizer Franken fast auf sein Allzeittief bei nur noch 0,94 CHF, was zeigt wie schlecht die europäische Wirtschafts- und Geldpolitik ist. Der Euro steht aktuell vor einer weiteren starken Abwertung zum US-Dollar, weshalb jegliche Rücksetzer des Goldpreises in Euro finale Kaufchancen darstellen, die Investoren im Euroraum ergreifen müssen, um Vermögen vor der Enteignung durch die Inflationssteuer zu schützen. In den letzten Monaten hatte ich wiederholt bei jedem Test der Unterstützung bei 1.740 € je Feinunze zum Kauf geraten und mittlerweile handelt der Goldpreis in Euro wieder bei 1.850€, obwohl die starke Abwertung des Euro in den nächsten Monaten erst noch bevorsteht.

Die Inkompetenz der Europäischen Zentralbank zeigt sich auch in der geplanten Einführung eines digitalen Euro, was letzte Woche bekanntgegeben wurde. Da es unzählige Möglichkeiten gibt, den Euro bereits digital zu nutzen, stellt sich die Frage, welchen Sinn dieser Schritt haben soll, außer der gezielten Ausweitung der Kontrolle des Staates auf Wirtschaft und Gesellschaft. Testläufe mit digitalen Währungen in Afrika waren krachend gescheitert und man kann nur hoffen, dass es sich beim digitalen Euro ebenso um eine Totgeburt handeln wird, die als Schildbürgerstreich in die Geschichte eingeht. Für die Kaufkraft des Euros verheißt dieser Schritt jedenfalls nichts Gutes und man sollte seine Altersvorsorge nicht dieser europäischen Schwachwährung anvertrauen.

Der Goldpreis in Euro handelt aktuell wieder nahe seinem Allzeithoch

Goldminenaktien hinken hinterher

Die Goldminenaktien stiegen in den letzten beiden Wochen auch um in der Spitze 15% an, doch ist dies eine unterdurchschnittliche Performance. Vergleicht man die Bewertung der Minenaktien mit den vergangenen Hochs am Goldmarkt, so sind diese noch immer historisch günstig. Es könnte das Kriegs-Szenario sein, das die Underperformance der Minenaktien erklärt. Sollte es wirklich zum Flächenbrand im Mittleren Osten kommen, so würde der Rohölpreis wahrscheinlich stärker steigen als der Goldpreis, was die Energiekosten für die Bergbauunternehmen in die Höhe treiben und so die Vorteile des gestiegenen Goldpreises wieder zunichtemachen würde. Zum anderen sind Investoren in Goldminenaktien eher träge und reagieren erst mit einer Zeitverzögerung auf einen höheren Goldpreis, wenn sie glauben, dass dieser Preisanstieg nachhaltig sein wird. Da politische Börsen meist kurze Beine haben, könnte dies der Grund für die Zurückhaltung der Investoren sein. Sollte sich der Goldpreis jedoch bei 2.000$ behaupten und auf neue Allzeithochs weiter ansteigen, so würden die Minenaktien diese Rallye nachholen, sofern der Rohölpreis in der gleichen Zeit nicht auch explosionsartig ansteigt.

Der Anstieg der Goldminenaktien war unterdurchschnittlich in den letzten Wochen
Goldminenaktien sind historisch günstig

Der primäre Treiber für die Rallye am Goldmarkt ist primär im neuerlichen Konflikt im Mittleren Osten zu finden. Auch die zunehmende Abkehr von US-Staatsanleihen ist ein Grund, warum Investoren und Regierungen zuletzt verstärkt auf physisches Gold setzten und somit dessen Preis nach oben trieben.

Blickt man jedoch über den Tellerrand und den aktuellen Konflikt hinaus, so bleiben die hohen Zinsen, das QT-Programm, der starke US-Dollar und eine aufziehende Kreditkrise mit einer bevorstehenden Rezession belastende Faktoren, die eher für Verkaufsdruck am Goldmarkt sorgen. Dies kann sich natürlich jederzeit ändern, wenn sich die Geldpolitik ändert, was aufgrund exogener Faktoren über ein Wochenende hinweg passieren kann. Doch bis dahin gibt es kurzfristig Risiken, die man nicht ignorieren darf. Trader sollten daher mit Absicherungen arbeiten, um jegliches Risiko auszuschalten. Wer hingegen im Euroraum zuhause ist, der sollte jeglichen Preisrückgang nutzen, um sein Vermögen und die Altersvorsorge gegen eine neue Eurokrise abzusichern.

Technische Analyse zu Silber: Silber kann mit Goldpreis nicht mithalten

Terminmarkt: COT-Report

Der COT-Report wird immer freitags seitens der US-Terminmarktaufsicht (CFTC) veröffentlicht, wobei der Stichtag der Datenerhebung der Schlusskurs vom Dienstag ist. Die COT-Daten werden also immer mit einer Verzögerung von drei Tagen veröffentlicht. Premium Abonnenten von Blaschzok Research erhalten vor Handelsschluss am Freitag ein Blitzupdate mit Analysen zu Gold, Silber und Platin. Die COT-Daten ermöglichen einen Blick in die Zukunft, da sie einerseits ein Sentiment-Indikator sind und andererseits eine gute Einschätzung des Angebots und der Nachfrage am physischen Markt ermöglichen. Mit ihnen hat man einen Vorteil im Trading am Rohstoffmarkt.

COT-Daten für Silber vom 20. Oktober:

Die neuesten COT-Zeigen, dass der Silberpreis in der Vorwoche Stärke zeigte. Der Preis stieg um 77 US-Cent und die Spekulanten gingen gerade einmal mit 5,4 Tsd. Kontrakten LONG. Das ist wenig. Es verwundert aber nicht, denn es dürfte viele physische Käufe gegeben haben aufgrund der Kriegsangst und der Hoffnung, der Silberpreis würde jetzt mit dem Goldpreis durch die Decke gehen. Entscheidend wird jetzt sein, wie lange diese Stärke anhalten kann. Der COT-Index OI fiel dabei auf 40 Punkte von 50. Zum Vormonat zeigen sich die Daten immer noch neutral. Silber ist absolut abhängig vom Goldpreis. Ohne Gold läuft der Silberpreis nirgendwo hin. Mit einem COT-Index von 40 Punkten hat man hier kein gutes Chance-Risiko-Verhältnis. Man sollte hier sehr vorsichtig sein, denn wenn der Goldpreis zurückfällt, da der große Krieg nicht stattfindet, dann droht dem Silberpreis in einer Rezession noch einmal ein herber Tiefschlag bei solch schlechten COT-Daten.

Der Terminmarkt war zuletzt mit einem COT-Index von 40 Punkten weit davon entfernt, einen Boden zu signalisieren
Die Positionierung der BIG4 ist noch immer sehr hoch, was untypisch für ein Tief am Silbermarkt wäre

Vor einem Monat hatte der Goldpreis seine Unterstützung bei 1.900$ durchbrochen und fiel folgend auf die nächste Unterstützung bei 1.800$. Daraufhin konnten auch die Silberbullen den einjährigen Aufwärtstrend nicht mehr verteidigen und der Silberpreis fiel infolgedessen auf 21$ je Feinunze.

Die Krise im Mittleren Osten sorgte für eine Rallye am Goldmarkt, worauf auch der Silberpreis an der Unterstützung bei 21$ drehen und wieder bis an den ehemaligen Aufwärtstrend bei 23,50$ ansteigen konnte. Wichtig ist, dass es dem Silberpreis nicht gelang, den ehemaligen Aufwärtstrend wieder zurückzuerobern und sich eine deutliche Underperformance zum Goldpreis zeigte. Während der Terminmarkt für Gold größtenteils bereinigt war, ist der Terminmarkt für Silber bestenfalls neutral mit leicht bärischer Tendenz. Sollte es zu keiner Ausweitung des Konflikts kommen und Gold wieder korrigieren, dann hat es der Silberpreis sehr schwer. Eine Rezession und abnehmende industrielle Nachfrage mit weiterem Korrekturpotenzial am Terminmarkt sind ein großer Risikofaktor für den Silberpreis.

Der Terminmarkt ist bei weitem noch nicht bereinigt und wichtige Unterstützungen wurden noch nicht erreicht. Bleibt der Krieg aus, dann kann bestenfalls die Unterstützung bei 20$ dem Silberpreis einen nachhaltigen Boden bilden. Verstärken sich jedoch die rezessiven Kräfte und bleibt das bärische Umfeld intakt, so wäre auch ein erneuter Test der Unterstützung bei 18$ denkbar, da der Terminmarkt bei weitem nicht bereinigt ist.

Erst wenn die Notenbanken mit QE-Programmen auf eine Rezession oder auf einen exogenen Schock, wie beispielsweise einen Krieg, reagieren bzw. sich ein Eingreifen abzeichnet, wird der Silberpreis zusammen mit dem Goldpreis abheben. Solange der Konflikt nicht eskaliert und Gold nicht deutlich über 2.000$ ausbrechen kann, sollte man im kurzfristigen Trading eher abseitsstehen oder mit einer erneuten Korrektur Richtung 21$-20$ rechnen.

Der ehemalige Aufwärtstrend konnte nicht zurückerobert werden

Langfristige Analyse

Silber handelte über fünf Jahre hinweg in einer Handelsspanne zwischen 14$ auf der Unterseite und 19$ auf der Oberseite. Seit dem bullischen Ausbruch Mitte 2020 ist das langfristige Chartbild grundsätzlich bullisch, solange der Silberpreis über 18$ handelt.

Charttechnisch war der Preisrückgang auf 18$ im letzten Sommer im Langfristchart ein idealtypischer Rücksetzer an den vorherigen langjährigen Abwärtstrend, von dem der Silberpreis wieder abgeprallt und folgend wieder angestiegen war. Silber konnte bereits aufgrund der Hoffnung auf neue quantitative Lockerungen und Zinssenkungen in 2023 wieder ansteigen und so in die Handelsspanne zwischen 22$ und 28$ zurückkehren.

Im Langfristchart sieht man noch deutlicher, wie wichtig der mittelfristige Aufwärtstrend war, der nun brach. Dadurch drehte das charttechnische Bild von mittelfristig bullisch auf bärisch und ein erneuter Test des letztjährigen Tiefs bei 18$ wäre durchaus möglich!

Im nächsten Jahr ist ein Ausbruch über 28$ wahrscheinlich, wenn die Notenbanken wieder neues Geld als Antwort auf eine Rezession drucken werden, worauf ein Anstieg auf 36$ folgen sollte.

Sobald die Notenbanken wieder Geld drucken und die Inflation erneut durch die Decke geht, dürfte die Nachfrage nach Gold und auch Silber als sicherer Hafen vor Inflation stark ansteigen. Es dürfte sich dann über einige Jahre hinweg ein Defizit am physischen Markt entwickeln, welches den Silberpreis weit über sein nominales Allzeithoch bei 50 US-Dollar tragen wird. Abhängig bleiben der Gold- und der Silberpreis also von einer wieder lockeren Geldpolitik, die durch einen Krieg oder eine Rezession wieder eingeführt werden könnte.

Das langfristige Chartbild ist bullisch, wobei ein Abverkauf auf 18$ denkbar wäre, wenn es zu einer Rezession und einer Kreditkrise käme

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